Chronik der Bruderschaft - Die Statuten von 1877


Hier findet Ihr die Original Statuten des straberger St. Hubertus-Schützenvereins aus dem Jahre 1877.

Viel Spaß beim Lesen, sie enthalten durchaus interessante Punkte.


 

Statuten
des
Straberger Schützen-Vereins

 

§1.

Der Verein hat den Zweck, Bürger- und
Gemeinsinn zu befördern, unter allen
Ständen eine auf gegenseitige Achtung
und Anhänglichket beruhende innige
Verbindung und Annäherung hervorzurufen
und dadurch die Begehung volksthümlicher
Feste zu sichern, an welchen alle Ein-
wohner ohne Unterschied des Ranges und
Verhältnisses gleich freudigen Antheil
zu nehmen berufen sind.

§2.

 Zur Aufnahme in den Verein ist jeder
Einwohner der Gemeinde Straberg be-
rechtigt, welcher das achtzehnte Jahr zu-
rückgelegt hat und in dem wohlbegründe-
ten Rufe eines tadellosen, unbescholtenen
Wandels steht. Auch sollen dazu Auswärtige,
welche in irgendeiner Beziehung zu der
Gemeinde stehen, zugelassen werden können,
worüber jedoch dem Vorstande in jedem
einzelnen Falle Beurtheilung und Ent-
scheidung vorbehalten bleibt.
Sie sind bei den Wahlen nicht stimmberechtigt.

§3.

Der Vorstand besteht aus zwölf Mitgliedern.

§4.

In den Berathungen über Angelegenheiten
des Vereins, über zu leistende Ausgaben
und zu treffende Anordnungen entscheidet

 


 der Vorstand durch Stimmenmehrheit. Bei ge-
theilten Meinungen gibt der Chef den
Ausschlag. Um einen Beschluß fassen zu
können, wird die Anwesenheit von wenig-
stens zwei Dritttheilen des Vorstandes
erfordert.

§5.

Gesuche um Aufnahme in den Verein
werden Schriftlich bei dem Vorstande
angebracht, welcher demnächst mittels
Scrutine und durch Stimmenmehrheit
darüber entscheidet.
[Scrutinium = geheime Wahl mit Zetteln]

§6.

Beobachtung des sittlichen und geselligen
Anstandes, Ruhe und Ordnung, welche
jedoch die Äußerungen eines heiteren
Frohsinns nicht ausschließen sollen, und
Folgsamkeit gegen die Anordnungen des
Vorstandes und der gewählten Officiere
sind Pflichten, welche kein Mitglied des
Vereins außer Augen setzen darf. Wenn
nun bei dem hier vorherrschenden guten
Geiste nicht zu erwarten ist, daß es je
zur Vernachlässigung dieser Pflichten komme,
so werden doch nachfolgend diejenigen
Fälle bestimmt, in welchen dem Vorstand
die Befugniß zustehen soll, durch Stimmen-
mehrheit von wenigstens acht seiner
Mitglieder die Ausstoßung aus dem Verein
zu beschließen

 

  1. Bei offenbarem Ungehorsam oder bei Wider-
    setzlichkeit gegen den Vorstand oder die
    Offiziere in Ausführung statutenmäßiger
    Anordnungen

  2. Bei grober Unvorsichtigkeit in Behandlung
    des Schießgewehrs.

  3. Bei thätiger oder grober wörtlicher
    Beleidigung während des Festes gegen
    irgendeinen Teilnehmer desselben.

  4. Bei wiederholter Trunkenheit und in
    derselben begangenen Exzessen.

 

                               §7

Etwaige gerichtliche Verurtheilung eines Mit-
glieds


zu Gefängniß- oder Zuchthausstrafe und Ab-
erkennung der bürgerlichen Ehrenrechte hat
die sofortige Ausschließung ohne Weiteres
zur Folge.

§8.

Jedem Mitglied ist es unbenommen, aus dem
Verein freiwillig auszuscheiden.

§9.

 Die zu feiernden Festtage des Vereins sind
folgende:

  1. ___Geburtstag unseres Königs und Kaisers.

  2. ___Der fünfte Sonntag nach Ostern als
    ___Stiftungsfest.

  3. ___Der Sedantag am zweiten September.

  4. ___Die drei allgemeinen Kirmestage
    ___im Monat September.

Die öffentliche Feier geschieht in einem be-
waffneten Aufzuge an den einzelnen
Festtagen in folgender Weise:

  1. am Stiftungsfeste vormittags 11 Uhr
    vom Schützenhause zum Paradeplatz,
    dort Parade und dann Zug zum
    Schützenhause. Nachmittags 4 Uhr Zug
    vom Schützenhause durch die Gemeinde
    und zum Schützenhause.

  2. am ersten allgemeinen Kirmestage vormittags
    11 Uhr Zug vom Schützenhause zum Paradeplatz,
    dort Parade und dann Zug zum Schützenhause.
    Nachmittags 4 Uhr Zug vom Schützenhause
    durch die Gemeinde und wieder zum
    Schützenhause.

  3. Am zweiten Kirmestage 4 Uhr Zug vom
    Schützenhause zum Schießstande, wo Königs-
    Vogelschießen abgehalten wird; darnach
    wieder Zug zum Schützenhause.


        d.Am dritten Kirmestage morgens 9 Uhr

           feierlicher Gottesdienst, welcher für

           alle lebenden und verstorbenen Mitglie-

           der des Vereins abgehalten wird.

       e.Darnach Zug zum Schützenhause. Nachmittag

          4 Uhr Zug zum Schützenhause, Abholen des

          neuen Schützenkönigs, Zug durch die Ge-

         meinde zum Schützenhause.

Der Königs-Geburtstag und der Sedantag

werden am Vorabende durch Böllerschüsse

und Feuerwerk abgekündigt; an den

Tagen selbst ist des Morgens Beiwohnung

des Dank-Gottesdienstes von sämmtlichen

Mitgliedern des Vereins; des Abends

8 Uhr Festversammlung im Schützenhaus.

 Die Bewaffnung bei den öffentlichen Aufzügen

besteht in Degen nebst Schärpe für die Offiziere,

in Gewehr für die übrigen Mitglieder.

§10.

Der Vorstand ist verpflichtet, in jedem einzelnen

Falle der Orts-Polizeibehörde schriftlich Anzeige

von der Veranstaltung eines nach Maßgabe

des Statuts zulässigen bewaffneten Aufzuges

zu machen und zwar spätestens am Tage vor-

her, damit dieselbe in der Lage ist, die etwa

erforderlichen Anordnungen zu treffen.

 [Randvermerk: 48 Stunden - §9 des Vereins-Gesetzes]

 §11.

 Für die einzelnen, nach dem Maße der vor-

handenen Mittel zu bemessenden Anord-

nungen bleiben die Bestimmungen dem

jedesmaligen Vorstande überlassen, welcher

solche demnach durch ein öffentliches Programm

zeitig zur Kenntniß der Teilnehmer und des

Publikums bringt.

 §12.

Sämmtliche Mitglieder des Vereins sind ohne

nachgewiesene, wesentliche Verhinderung ver-

bunden, an den Festlichkeiten desselben

thätigen Antheil zu nehmen. Diese Theilnahme

wird bedingt durch Beiwohnung der General-

Versammlungen, durch Anschließung an

oben angeführten bestimmten Feste, durch

Anschließung an den Leichenzug, wenn ein

Mitglied des Vereins begraben wird.

§13.

Die Commandeurs und Offiziere der Aufzüge

werden unter Leitung des Vorstandes in

einer der ersten Generalversammlungen

von den anwesenden Mitgliedern durch

Stimmenmehrheit gewählt; jedoch darf Nie-


mand bei Verlust der Mitgliedschaft die auf ihn gefallene

Wahl ablehnen, es sei denn, daß er schon drei

Jahre nacheinander in dem Verein gewirkt

oder die Ablehnungsgründe von wenigstens

sieben Mitgliedern als triftig und gültig An-

erkennung finden.

§14.

Als ehrenvolles Andenken an die bewährte

Meisterschaft in Handhabung der Waffen erhält

der Schützenkönig einen Pokal oder eine sonstige

Prämie. [Randvermerk: 40 M]

Der Schützenkönig wird von dem

Vorstande dem versammelten Volke als solcher

vorgestellt und von dem gesamten Korps

im Triumpfe nach Hause begleitet. Auf dem

Festballe wird er nebst der von ihm gewähl-

ten Königin noch mit besonderen Ehrenbezeu-

gungen umgeben.

§15.

Für den unverhofften Fall, daß der Verein

sich in der Folge auflösen, und in vier

nacheinander folgenden Jahren das Fest

nicht begangen werden sollte, sind die

dem Verein angehörigen Gegenstände zu

verkaufen und der Ertrag zu milden

Zwecken zu verwenden.

§16.

Abänderungen und Zusätze zu diesen Statuten,

wie Zeit, Erfahrung und Verhältnisse sie

wünschenswert und nöthig machen möchten,

werden vorbehalten.

§17.

Gegenwärtige Statuten sollen zur Bestätigung

der vorgesetzten Behörde vorgelgt werden.

Straberg, den 26. August 1877

 

Der Vorstand:

 

Krücken President

Helmig Schnee Jansen Gerh. Krieger

Paulus Schmitz P. Bilk J. P. Zaum

Joseph Kronenberg Jacob Angermund

[letzte Unterschriftszeile mit 2 Namen fehlt fast vollständig]

Erster Name wahrscheinlich: Wolter Hinzen

Zweiter Name evtl.: Helmig


 

Genehmigt mit der Maaßgabe, daß zur Abänderung
der Statuten die Genehmigung des Ober-Präsidenten
vorbehalten wird.

 

 

Coblenz, den 18. October 1877

 

 

 

Stempel:
KÖNIGL. PREUSS. RHEIN.OBERPRÄSIDIUM

Der Ober-Präsident der Rheinprovinz

I.V.

[Unterschrift unleserlich]

No. 8591 O.Pr.

 

 

Abschrift vom Original im April 2017

 

Peter Klosterberg

 




FORTSETZUNG FOLGT...

 

IRGENDWANN